NTZ Interview mit Peter Joas

C4Y 2019 Zeitensprünge 05 webIm April 2019 begeisterte der Sängerbund unter Leitung von Peter Joas mit seinem „Zeitensprünge“-Konzert in der Wendlinger Stadtmitte. Foto: privat

link ntz 2021 04 InterviewJoas„Nicht zu singen macht das Leben ärmer“

Peter Joas will als Sängerbund-Chorleiter auch während der Pandemie die Leidenschaft fürs Singen lebendig halten

WENDLINGEN. Seit über einem Jahr kann aufgrund der Ansteckungsgefahr durch das Corona-Virus in Chören nicht mehr regelmäßig geprobt werden. Darunter leiden die Gesangvereine, die Sängerinnen und Sänger und auch die Dirigenten. Peter Joas, der beim Sängerbund Wendlingen den Stammchor und den Chor4You leitet, schaut trotz der besonderen Herausforderungen in Pandemie-Zeiten zuversichtlich in die musikalische Zukunft.
„Anfangs wussten wir überhaupt nicht, wie es mit den Chorproben weitergeht. Aus anfänglich zwei Wochen Pause wurden sechs Wochen. Irgendwann ging im ersten Lockdown gar nichts mehr“, erinnert sich Peter Joas, der seit Juli 2014 als Chorleiter beim Sängerbund Wendlingen unter Vertrag ist. Doch die Not macht erfinderisch: Er stellte seinen Sängern Hör-Proben als Dateien bereit, damit jeder für sich zu Hause die einzelnen Chor-Stimmen üben konnte.
Als im vergangenen Herbst für einige Zeit wieder vor Ort gesungen werden durfte, probte der Chor4You in zwei Schichten zu jeweils nur 20 Sängern mit einem Hygiene-Konzept im Großen Saal im Treffpunkt in der Stadtmitte. „Wir saßen weit auseinander in einem großen Kreis. Es ist schwierig, so zu singen, weil man den Nebenmann nicht so gut hört. Trotzdem war das eine interessante Erfahrung, denn dabei hört der Dirigent jede einzelne Stimme sehr deutlich, und keiner kann sich zwischen den anderen Stimmen verstecken“, erzählt er.
Seit Januar steht das Signal jedoch wieder auf Rot und gemeinsame Proben sind untersagt. Peter Joas lädt deshalb immer mittwochs zur Online-Chorprobe über eine Video-Konferenz ein. „Ich spiele Hör-Beispiele ein, und jeder Chorsänger singt dann zu Hause für sich zu diesem Chor-Arrangement dazu“, erklärt der Chorleiter. Er freut sich, dass auch die Älteren aus dem Chor4You mit ziehen: „Manche haben sich extra bei den Kindern oder Enkelkindern Rat geholt und sich zeigen lassen, wie das am PC funktioniert.“ Die anderen nach langer Pause wiederzusehen mache den Sängerinnen und Sängern großen Spaß, auch wenn sie wegen der Zeitverschiebungen bei der Übertragung via PC nicht gemeinsam singen können und Kraft und Energie des gemeinsamen Chorklangs am Bildschirm nicht entstehen können. „Aber wir haben jetzt online fast mehr Leute mit dabei als bei den Proben im Herbst, wo doch einige aus Sorge vor Ansteckung lieber zu Hause geblieben sind“, berichtet Peter Joas. Die zum Singen benötigte Muskulatur muss regelmäßig trainiert werden. „Wenn man über so einen langen Zeitraum gar nicht übt, kann die Stimme einrosten. Aber wer regelmäßig zu Hause singt, und sei es allein vor dem Bildschirm, der bleibt in Übung“, verspricht Joas. Wenn dann wieder gemeinsam geprobt werden kann, wird er sich ein Bild vom Leistungsstand des Chors machen: „Ich bin sicher, dass wir dann nicht wieder bei null anfangen müssen. Aber ich hoffe, dass nicht allzu viele sich bis dann ganz vom Chor verabschiedet haben, weil sie während Corona auf den Geschmack gekommen sind, dass so ein freier Mittwochabend auch nicht schlecht ist.“

Der „Java Jive“ bereichert die Vereinswebseite

Peter Joas, der lange Jahre Verbandschorleiter im Chorverband Hohenstaufen war, ist gut vernetzt und weiß, dass viele Chöre unter der Situation leiden. „Wir kämpfen alle mit den gleichen Problemen. Bei manchen Chören geht fast gar nichts. Und auch der Sängerbund-Stammchor mit seinen älteren Mitgliedern mag online nicht proben“, bedauert er. Aus Gesprächen mit vielen seiner Sängerinnen und Sänger weiß er jedoch: „Die Mehrheit dürstet danach, wieder anzufangen, freut sich darauf und wird auch wiederkommen.“
Denn es geht ihnen wie ihrem Dirigenten: Im Brotberuf Oberstudienrat an einem Göppinger Gymnasium, ist Peter Joas in der Freizeit nicht nur Chorleiter, sondern auch selbst als Musiker und als Bass-Bariton-Solist unterwegs. „Meine Auftritte als Sänger bei Kirchenkonzerten oder Oratorien fallen aus oder müssen verschoben werden. Nicht singen zu dürfen macht mein Leben einfach sehr viel ärmer.“
Weil Auftritte und Konzerte während der Pandemie nicht möglich sind, hat sich der rührige Chorleiter ein anderes Projekt ausgedacht, um seinen Wendlinger Chor zu motivieren und die Leidenschaft fürs Singen lebendig zu halten:
Jeder hat sich zu Hause singend gefilmt, Peter Joas hat eine Keyboard-Begleitung dazu eingespielt und aus diesen Aufnahmen in mühevoller Kleinarbeit einen gemeinsamen Chor zusammengeschnitten und liebevoll in Szene gesetzt.
Auf der neuen Vereinswebseite, die Peter Joas gestaltet hat, ist dieser „Java Jive“ aus dem Jahr 1940, der die Liebe zum Kaffee huldigt, nun in einem schmissigen Arrangement zu erleben. „So eine Aktion ist auch wichtig für den Zusammenhalt innerhalb der Gruppe“, betont der erfahrene Chorleiter, der weiß, dass in Laienchören neben dem Singen auch die Pflege der Gemeinschaft eine wichtige Rolle spielt. So ist bei den Online-Chorproben immer Zeit für einen kleinen Schwatz: „Da heißt es dann: ,Oh, Du warst auch noch nicht beim Friseur!‘“, erzählt er lachend. „Gemeinsam werden wir diese Durststrecke überstehen.“

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