Sein Herz hängt am Sängerbund
25.09.2010 00:00, Von Christa Ansel
Das Jubiläum des Wendlinger Gesangvereins ist für den Ehrenvorsitzenden Dieter Haußmann Anlass für Rückblick und Ausblick
Der Sängerbund Wendlingen feiert seinen 150. Geburtstag. Einer, der den Verein in- und auswendig kennt, dem der Verein ans Herz gewachsen ist, das ist Dieter Haußmann. 30 Jahre lang war er Vorsitzender des Sängerbundes. Für seine Verdienste wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Im Gespräch mit der Redaktion blickt der Sänger zurück und auch nach vorne.
WENDLINGEN. Die Leidenschaft zum Singen hat Dieter Haußmann vom Vater Willy geerbt. Früh schon durfte er den Senior, der über 60 Jahre beim Sängerbund aktiv dabei war, begleiten. Und dies vor allem bei Operetten-Aufführungen des Vereins im „Hirsch“. Bald schon sang Dieter Haußmann im Kinderchor selbst. Als junger Mann, 1959, wurde er offiziell Mitglied.
Eine Vereinsmitgliedschaft damals unterscheidet sich für Dieter Haußmann ganz wesentlich von heute. Die Möglichkeiten für junge Menschen, aus den vier Wänden rauszukommen, waren in seiner Jugend gering. Da gab es das Kino in der Hölderlinstraße, wo einer für 50 Pfennig einen Film anschauen konnte, oder eben den Verein. Gewiss, mit dem ersten Fahrrad wurden schon auch mal Touren bis zum Bodensee unternommen. Der Sängerbund aber war der Ort, wo „man etwas mehr erleben konnte“. Hier fand sich eine ganze Gruppe von jungen Leuten, von Gleichgesinnten. Und singen, das hat Dieter Haußmann immer schon gern gemacht.
Der Gesangverein war viel mehr als eine Möglichkeit, dem Singen zu frönen. Der Sängerbund wurde zum Freundeskreis. Die jungen Sänger schlossen sich zu einem Doppelquartett zusammen, engagierten sich bei vielen Veranstaltungen, sangen bei Hochzeiten, Dieter Haußmann als Solist mit seiner Bariton-Stimme mittendrin. Ja, hier hat Dieter Haußmann sogar seine spätere Frau gefunden, Inge Haußmann.
Viele Anekdoten weiß Dieter Haußmann zu berichten. So erinnert er sich beispielsweise an das hundertjährige Jubiläum des Sängerbundes. Kurz vor dem Fest wurde Chorleiter Krietsch krank. Ersatz musste gesucht werden. Und der wurde in Gotthilf Fischer auch gefunden. Dieser hat beim Sängerbund und beim Publikum des Festkonzertes schon damals große Begeisterung hervorgerufen, weiß Dieter Haußmann zu erzählen. Der Deizisauer Dirigent hatte damals schon eine besondere, impulsive Art, Sänger zu motivieren. Das hat wohl auch ein wenig an Fischers Rolle als „Frauenschwarm“ gelegen, meint Dieter Haußmann schmunzelnd.
1966 wurde Dieter Haußmann zum Vorsitzenden des Sängerbundes gewählt. Und er behielt dieses Amt drei Jahrzehnte inne. 1996 trat er nach mehrmaligem Anlauf von dieser Aufgabe zurück. Dem Sängerbund aber blieb er bis heute treu. Sein Herzblut hängt am Verein, für den er sich regelrecht aufgeopfert hat.
Haußmann ist mit der Wahl zum Vorstand 1966 ins kalte Wasser geworfen worden. Ohne die vielen Mitstreiter hätte er diese Aufgabe nicht geschafft, weiß Dieter Haußmann. Und da kommt auch seiner Familie eine große Rolle zu. Ein solches Amt ist ohne Familie nicht auszufüllen. „Die Familie muss bereit sein, kritische Entscheidungen mitzutragen, genauso wie positive Ereignisse“, ist sich Dieter Haußmann sicher.
Wie begeistert man junge Menschen für den Chorgesang? Ein Thema, das Dieter Haußmann über all die Jahre begleitet hat, heute aber aktueller ist denn je. Im Nachhinein kann Dieter Haußmann über eine Aktion im Jahr 1970 nur lachen. Der Verein feierte 110-jähriges Jubiläum. Vier Tage lang. Der Montagabend gehörte der Jugend. Rock- und Beat-Bands wie „Amon Düül“ aus München, „Guru Guru“ aus Zürich oder die „Misfits“ aus Kirchheim wurden engagiert. Mit Sitz- und Liegegelegenheiten unterm Arm bevölkerten die Besucher das Zelt hinter dem Rathaus. „Am Abend dann brach das Chaos aus“, schreibt Haußmann in der zum Jubiläum herausgegebenen Chronik.
Frischen Wind in den Sängerbund Wendlingen brachte 1992 der junge Chorleiter Joachim Schmid. Dieter Haußmann war auf den jungen Bempflinger aufmerksam gemacht worden. Schmid kam inkognito zur Winterfeier und war von der Leistung des Chores überzeugt, sagte zu. Anfang Mai übernahm der neue Chorleiter sein Amt und stieß beim Vorstand mit seinem Bemühen um den Sängernachwuchs offene Türen ein. „Man muss die Jugend bei ihrer Musik abholen.“ Eine Aussage Schmids, die Dieter Haußmann sofort überzeugte. 1994 schon wurde der Projektchor gegründet. Damals ein absolutes Novum im Karl-Pfaff-Gau. Zur ersten Singstunde im Treff im Keim kamen über 40 junge Leute.
Dieter Haußmann führte 30 Jahre lang den Sängerbund als Vorsitzender an.